Haben Sie schonmal Urlaub an der Küste verbracht? An der deutschen Nordsee- oder Ostseeküste? Dann sind Ihnen vielleicht auch schon diese vielen älteren Ehepaare aufgefallen, die meist hintereinander her durch die Flaniermeilen adretter Küstenörtchen schlappen, der Vadder vorneweg auf der Suche nach einem Biergarten, die Mudder hinterherschleichend in der Hoffnung, daß zuerst ein Café vor ihnen auftaucht, in dem sie aus einem zierlichen Tässchen trinkend ein bißchen Dame spielen kann. Dies, so denkt sie, würde sie entschädigen dafür, daß ihr Gatte sie nicht bis vorn ans Ende der Mole hat begleiten wollen, weil „Da sieht man ja eh nur Wasser“-Werner lieber jetzt schon seine erste Halbe intus hätte, zumal es ja bereits 11 Uhr ist und man(n) schließlich in Urlaub.
Mudder schiebt auf der Suche nach dem Nordseeurlaubsglück noch den Reißverschluß ihrer Jacke etwas höher zu, denn an der Küste zieht es ganz schön. Und wenn sie Pech hat, kommen sie an einem Fahrradverleih vorbei, wo Werner seinen Bierdurst plötzlich vergißt und seine Gattin zu einer kleinen Radtour überredet, weil ihm die Füße vom vielen Schlappen jetzt schon weh tun.
So kämpft Mudder sich also auf einem Pedelec hinter Vaddern her, zwischen Fußgängern mit und ohne Hund hindurch, vor hupenden Autos her, die die auf ihrem Rad hin- und herschwankende Mudder schon auf ihrer Motorhaube landen sehen, weil Mudder schon seit Jahrzehnten auf keinem Rad mehr gesessen hat und deswegen nicht recht mit einem Gefährt ohne Rücktrittbremse umzugehen weiß. Der Wind bläst auch ganz schön kräftig von der Seite her, und der Moment, in dem sie ihr Leihfahrrad wieder beim Verleiher abgeben kann, ist das Highlight des Tages für sie. Werner kriegt dann auch endlich sein Bier, und Mudder trinkt ihren Kaffee aus einem dickwandigen Becher, der aus der zauberhaften Töpferei gleich neben dem Biergarten stammt und für vierundzwanzigneunundneunzig mit nach Hause genommen wird.
Und zu Hause werden sie dann erzählen, wie toll es wieder an der See gewesen ist. Daß Mudder zu Hause immer ganz froh ist, wenn Werner in seinem Schrebergarten werkelt und ihr nicht im Weg ist, sie beide lieber im eigenen Bett schlafen und Wind eigentlich gar nicht leiden können, braucht ja keiner zu wissen.