Frau Schletterer singt nicht mehr

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Ma
Perfektion
07.05.2024 16:35

Zur Zeit sind wir wieder einmal in Ostfriesland. Und wieder fallen mir diese perfekten, makellosen Gärten auf. Ich glaube, ich äußerte schon einmal die Vermutung, daß Ostfriesen mit dem Rasenmäher voran zur Welt kommen. Oder einen zur Konfirmation geschenkt kriegen. Auf jeden Fall sind in den hiesigen Gärten die den Rasen umgebenden Hecken und auf dem Rasen befindliche Sträucher derart akribisch genau rund, oval oder eckig geschoren, die Rasenflächen selbst scheinen mit der Nagelschere Hälmchen für Hälmchen auf eine Länge von ex-akt 10 mm geschnitten, daß im auswärtigen Betrachter die bange Frage hochkommen muß, ob die das alle nur deswegen machen, weil man das Gerede der Nachbarn fürchtet, oder weil sie, wenn sie nicht zweimal im Jahr ihre Hecken scheren, von ebenjenen gezeigt kriegen, wo der Bartel die Heckenschere holt. Gewiß gibt es hier sowas wie den Rasenmäher- und Heckenscherenführerschein, ohne den weder Anspruch auf Alkoholausschank noch Herausgabe von Treibstoff besteht.
Heute sahen wir wieder unter diesen vielen perfekten Gärten einen besonders perfekten, und im ersten Moment verharrt man vor Ehrfurcht vor so viel Makellosigkeit wirklich reglos. Bis einem bewußt wird, daß man es nicht mit einem Schaugarten oder der Bundesgartenschau, sondern mit dem Vorgarten einer Kleinstadtfamilie zu tun hat, deren Vater hinten in der Garage vermutlich gerade das „Rasen betreten verboten!“-Schild lackiert.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch; ich bewundere die Menschen, die so viel Liebe und Arbeit in ihren Garten stecken. Aber ob es sich wirklich um Liebe oder vielleicht doch eher nur um die Erwartungen der anderen handelt, ist halt sehr schlecht zu erkennen.
Ich glaube, ich muß meinen Schwager mal hierher schicken. Der versteht unter Gärtnern nämlich nur, hie und da eine mickerige Blume einzupflanzen und der Natur ansonsten den Überlebenskampf selbst zu überlassen.

 

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