Gerade lernte ich, daß die Paarungszeit der Gemeinen Schlammfliege im Frühling liegt. Die Männchen laufen dann zu Fuß den Weibchen hinterher, und diese signalisieren ihre Paarungsbereitschaft dadurch, daß sie stehenbleiben und dem Männchen eben nicht davonlaufen oder -fliegen.
Man stelle sich das mal vor, daß es bei uns Menschen ähnlich liefe! Das wäre ein Gerenne, und wir Frauen wüßten zunächst nie, ob ein Mann einfach nur das Gespräch mit uns sucht oder vielleicht doch lieber Kinder zeugen will. Paarungsunwillige Frauen würden die tatsächlichen Absichten nie herausfinden, denn sie liefen ja vorsichtshalber den Männern immer davon.
Eine Zusammenarbeit im Beruf oder grundsätzlich ein Zusammenleben und -wirken wäre dann nur möglich, wenn alle Beteiligten vorab geklärt hätten, welche Absichten die Männer (nicht) verfolgen, sollte zufällig einer von ihnen dieselbe Gehrichtung einschlagen wie eine ihrer Kolleginnen bzw. weiblichen Bekannten.
Ich vermute, daß die Signale da bei den Schlammfliegen eindeutiger sind, denn die könnten ja auch fliegen. Und wenn sie es nicht tun, dann bedeutet es halt, daß die Stunde der Liebe gekommen ist.
Was täten aber wir Menschen, um das oben skizzierte Kommunikationsproblem zu lösen? Wir müßten uns wahrscheinlich unterschiedliche Gangarten zulegen, die jeweils das eine oder das andere signalisieren.
Aber würde wirklich jeder Mann jeden anderen wissen lassen wollen, mit welcher Absicht er gerade durchs Leben geht bzw. hüpft oder springt? Ich denke nicht, denn es wäre - im Gegensatz zum Empfinden des Schlammfliegerich, der Schamgefühle offenbar nicht kennt - ja nicht nur dem Herrn Müller peinlich, wenn ich sehen könnte, daß er gerade Lust auf Sex mit Frau Meier hat.
Es hat also offensichtlich einen guten Grund, warum wir Menschen das anders angehen müssen. Wir werden uns wohl weiterhin auf die uns eigene, umständliche Weise dem begehrten Gegenüber verständlich machen müssen.