Vor einiger Zeit stolperte ich durch einen Hinweis einer alten Schulfreundin darüber, daß eine ehemalige Klassenkameradin von uns mittlerweile in der Münchener Schickeria angekommen ist und Kriminalromane schreibt.
Wenn man nach ihr googelt, findet man tatsächlich so einiges im Netz, darunter selbstredend jede Menge Fotos von ihr. Als ich die das erste Mal gesehen habe, habe ich ganz spontan gesagt: “Nein, das kann sie nicht sein.“ Aber bei näherem Hinsehen erkannte ich sie dann doch wieder.
Sie ist eine große, schlanke Frau vom Typ Business-Woman mit langem, hellblondem, gewelltem Haar, blauen Augen, stets leuchtend rot geschminktem Mund und einer Vorliebe für Etuikleider in kräftigen Farben.
So weit nichts ungewöhnliches also.
Aber! Als sie meine Mitschülerin war, und das war sie sechs Jahre lang, da war sie völlig anders gestylt, und zwar so konsequent über all die Jahre hinweg, daß es mir äußerst schwerfällt mir vorzustellen, was passiert sein muß, daß sie einen derart extremen Typwandel durchgemacht hat.
Als Teenager hatte sie stark kleingelocktes Haar in einer völlig anderen Farbe. Gut, daß sie heute eine andere Haarfarbe trägt als damals, ist ja nicht weiter ungewöhnlich, aber ihre Locken sind nicht das einzige, von dem sie sich völlig verabschiedet hat.
Damals war sie eine dieser Hippie-Mädchen im Baumwollrock und selbstgestricktem Norweger-Pullover, ungeschminkt und ganz sicher nicht beeindruckt von den sog. Damen von Welt.
Ganz still war sie, war eher ein schüchterner, zurückhaltender Mensch, der sich nie in den Vordergrund drängte und, so habe ich es in Erinnerung, eigentlich nur sprach, wenn man sie etwas fragte.
Und wenn ich mir nun z. B. ein Interview mit ihr anschaue, dann höre ich eine völlig andere Stimme als damals, kräftiger und lebhafter, als sei sie ein ganz anderer Mensch – ein Klon ihrer selbst gewissermaßen.
Das einzige, das sie nicht abgelegt oder verändert hat, ist diese Art, wie sie mit dem Kopf schnickt, wenn sie redet. Das war auch vor 40 Jahren schon typisch für sie. Wo andere die Hände bewegen, um etwas zu unterstreichen, tut sie dies mit einem kräftigen Kopfnicken, einem Drehen des Kopfes, so daß sie ihren Gesprächpartner aus den Augenwinkeln ansieht, oder einem Zurückwerfen ihrer Haare.
Sie und ich waren nie Freundinnen, sie war halt einfach zufällig in meiner Klasse – aber wenn ich ehrlich bin, ist das, was ich da im Netz von ihr heutzutage sehe, mir nicht sonderlich sympathisch. Ein Typ Mensch, der mir nicht liegt. Was dadurch verstärkt wird, daß sie in ihrer Vita ihren Herkunftsort „geschönt“ hat. Es klingt halt offenbar besser, wenn man behauptet, aus Karlsruhe zu sein, als zuzugeben, daß man aus einem Dorf nebenan kommt, das keiner kennt.