Heute liest man in der Online-Ausgabe des Stern folgende Überschrift: „Alte Lieder und frische Pfefferkuchen: warum man den Advent richtig genießen sollte – und wie es geht!“
Diese Überschrift verleitete mich kein bißchen, den Artikel zu lesen, sondern ließ meine Augen rollen, daß es mir fast schwindelig wurde.
Will mir da allen Ernstes jemand erklären, wieso es sinnvoll ist, die Adventszeit zu genießen? Und mir eine Anleitung geben, wie genau man das macht??
Mir scheint, heutzutage wird unterstellt, daß kein Mensch mehr irgendetwas tun oder lassen kann, ohne einen Ratgeber zum Thema zu lesen. Zu allem gibt es ein Fachbuch (gern mit Titeln wie „Der ultimative Ratgeber, wie Sie [hier Tätigkeit Ihrer Wahl einfügen]“) oder ein Youtube-Tutorial; und wenn ein Trend lang genug anhält, macht jemand die Beratung in Themen wie z. B. dem korrekten Knüpfen und Vermarkten von Makramee-Knoten zu seinem Beruf und nennt sich CraftConsultant.
Besonders beliebt sind ja seit vielen Jahren Beratungsleistungen und Kurse zur optimierten Persönlichkeitsentwicklung, in denen mantraartig den Leuten erzählt wird, daß natürlich auch sie wertvoll und schätzenswert sind, wodurch so mancher Teilnehmer überhaupt erst auf die Idee gebracht wird, an seinem Wert für die Gesellschaft doch ein bißchen zu zweifeln. Wo also anfangs ein vollkommen in sich ruhender Mensch einen Kurs aufsuchte, geht am Ende einer mit nagendem Unbehagen wieder heim.
Aber wenn die Welt Artikel für notwendig hält, in denen der Menschheit erklärt(!) wird, warum und wie man – bittschön! – den Advent richtig genießen soll, dann muß man sich auch nicht wundern, daß man mit „Everyday Inanity Consulting“ einen Lebensunterhalt finanzieren kann.