Ich hatte mich in einem früheren Text, glaub‘ ich, ja schonmal zu meiner Verwunderung über die Tatsache geäußert, daß Kirchenlieder im evangelischen Gesangbuch immer höher notiert sind als im katholischen Gotteslob.
Diese Behauptung habe ich in einem musikalischen Forum einfach mal so aufgestellt, weil ich das für mich schon länger so wahrgenommen hatte, ohne die Fakten tatsächlich zu überprüfen. (Schon seit meiner Jugend war ich nämlich sowohl in katholischen Messen als auch in evangelischen Gottesdiensten (musikalisch) sehr aktiv.)
Einige von denen, die das gelesen haben, haben die Sache aber tatsächlich mal auf den Prüfstand gestellt und konnten mir mit ihren Forschungsergebnissen meine kühne Behauptung bestätigen.
Meine Empfehlung, vor einer Konversion von der einen zur anderen Konfession die Höhe der dann abzusingenden Lieder mit in die Ent- scheidungswaagschale zu werfen, wurde damals mit Amusement quittiert, wiewohl ich selbst dieser Empfehlung gar nicht gefolgt bin und jetzt meine liebe Not mit diesen sehr hoch gesetzten evangelischen Kirchenliedern habe.
Eine Bekannte von mir, die auch in dem Flötenensemble spielt, in dem ich Mitglied bin, ist schon immer evangelisch und ist die Kirchenlieder in ihrer "protestantischen Notation" also schon sehr lange gewohnt. Sie singt auch immer kräftig mit. Allerdings hat auch ihre Stimme vor einiger Zeit einen Knacks bekommen, so daß die Höhen auch ihr mittlerweile Schwierigkeiten bereiten. Aus dieser Not heraus hat sie daher jetzt eine Fertigkeit entwickelt, die sie fast bis zur Perfektion ausgereift praktiziert. Sie ist Meisterin im Oktavenhopping, d. h. sie wechselt mitten im Lied völlig mühelos von einer in die andere Oktave, je nachdem, ob in der anstehenden Phrase des Liedes für ihre Stimme zu hohe oder zu tiefe Töne auf sie warten.
Dies wendet sie allerdings nicht nur in der Melodie des zu singenden Liedes an, sondern im Bedarfsfalle auch in der zweiten Stimme eines Liedes. Das EKG ist ja üppig ausgestattet mir zweistimmigen Liedern, und wann immer sie die zweite Stimme kennt, singt sie die auch, um dem Gemeindegesang etwas mehr Farbe zu geben. Sie ist also sozusagen die inoffizielle Zweitstimmenbeauftragte der Gemeinde. Und weil sie das mit dem Singen der zweiten Stimme in der Regel alleine tut, kann man das mit dem Oktavenhopping dann besonders gut hören. (Auch wenn freilich ein Hopping in den zweiten Stimmen seltener nötig wird, da diese ja von Natur aus etwas tiefer liegen.)
Der Gemeindegesang in unserer Kirche hat also in der Tat etwas mehr Pep als anderswo. Auch wenn der etwas ungewöhnlich ausfällt.