Wie viele andere in Deutschland sitze ich nach wie vor im heimischen Büro.
Diese Woche rief meine Vorgesetzte mich an, um mal zu hören, wie es mir geht so allein in meinem Stübchen. Ob ich denn wohl genug, aber nicht zu viel zu tun habe, ob ich mich nach wie vor wohlfühle ohne meine Kolleginnen, und ob ich gesund sei.
Jedes Mal, wenn sie mich fragt, ob ich mich einsam fühle (sie formuliert es anders, aber sie meint genau das), wundere ich mich, weil sie mir offenbar nicht glaubt, daß die Arbeit von zu Hause aus meinem Naturell sehr entgegen kommt.
Ich bin ja gottlob nicht einsam! Ja, meine Arbeit verrichte ich zur Zeit in einem Einzelbüro, was ich in der Firma nicht tue. Aber ich liebe das, und mittags und abends habe ich ja meine Frau und meinen Hund direkt bei mir; ich habe immer jemanden, mit dem ich reden, lachen und leben und meine Freizeit verbringen kann. Von Einsamkeit kann bei mir also keine Rede sein. Weil ich ja gar nicht alleine bin.
Natürlich ist es gut, daß meine Teamleiterin danach fragt und sich über sowas Gedanken macht. Denn eine unserer Kolleginnen lebt tatsächlich allein, ist aber ein sehr geselliger Mensch. Ich denke, daß sie unter dem Arbeiten zu Hause wirklich leidet. Neulich war sie mal für einen Tag im Bürogebäude, weil sie dort was zu erledigen hatte. An diesem Tag war sie richtig fröhlich, und sie hat mich (und sicher auch noch andere) direkt angerufen und gefragt, ob sie hier oder dort was für mich richten kann, vielleicht die Blumen gießen? Oder das Papier wegräumen, das sich in meiner monatelangen Abwesenheit auf meinem Schreibtisch angesammelt hat? Es war deutlich zu hören, wie froh sie war, die Firma mal wieder aufsuchen und auf dem Flur und dem Pausenbalkon das ein oder andere Schwätzchen halten zu können.
Aber was für sie der Plausch auf dem Balkon ist, ist für mich die Pause in meiner eigenen Küche und in meinem Eßzimmer, das Gespräch mit meiner Frau und der Blick auf die Straße, in der ich wohne. Dabei entspanne ich für ein paar Minuten und kann die Arbeit in den Hinterkopf schieben.
Ich weiß, daß die Maßgabe, am besten zu Hause zu bleiben, für viele zu psychischen Problemen führt, vor allem wegen der Vereinsamung. Und ich bin froh, daß ich nicht mehr so jung bin, daß ich das Gefühl haben muß, eine entscheidende Phase meines Lebens nicht so erleben zu können, wie das für andere normal ist bzw. war. Phasen, die teils ja wirklich prägend sind für den weiteren Lebensverlauf.
Ich bin froh und dankbar, daß auch meine Nichten und Neffen schon alt genug sind, um die fehlenden Jugenderlebnisse nicht betrauern zu müssen, und daß die nachfolgende Generation noch zu jung ist, von Corona überhaupt etwas zu ahnen.