Heute bin ich auf Wikipedia über die Erwähnung der „Rastatter Rede“ gestolpert, die Gustav Heinemann 1974 anläßlich der Eröffnung des Freiheitsmuseums in Rastatt hielt.
Obwohl ich damals eigentlich schon alt genug war, die Bedeutung eines Besuchs des Bundespräsidenten in meiner Heimatstadt zu begreifen, habe ich keinerlei Erinnerung daran.
Das Freiheitsmuseum heißt offiziell ja „Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte“ und hat sicherlich eine gute Daseinsberechtigung. Es enthält mittlerweile (dem Lauf der deutschen Geschichte Tribut zollend) auch eine Dauerausstellung über die Freiheitsbewegungen in der DDR.
Ich kann mich zwar nicht mehr an Herrn Heinemann erinnern, und daß er eine Rede hielt, sehr wohl aber daran, das Freiheitsmuseum bald nach seiner Eröffnung besucht zu haben. Als knapp Zehnjährige empfand ich diesen Besuch als das mit Abstand Langweiligste, was ich je erlebt hatte!
Daß man für etwas so Selbstverständliches wie Freiheit eine Revolution anzetteln muß, was eine Revolution auslöst, was eine solche bedeutet und wie wichtig sie für den weiteren Verlauf der Geschichte sein kann, das alles hat mich als Kind weder interessiert, noch hätte ich das alles begreifen können. Der Zusammenhang zwischen Freiheit (ja, welcher Art von Freiheit überhaupt?) und einer vorangegangenen Revolution war mir überhaupt nicht klar.
Und da das Museum nichts als altes Papier mit handschriftlichen Niederschriften irgendwelcher Verträge, Protokolle, Gerichtsurteile und dergleichen enthielt, die ich noch nicht einmal entziffern konnte, fragte ich mich damals, wem um Himmels Willen das irgendeinen Funken an Neugier entlocken sollte.
Warum sollte ich mich Ende des 20. Jahrhunderts für mir völlig unverständliche Aufstände von 1848 interessieren? Wogegen die Leute damals revoltiert haben, war mir als Kind ja viel zu hoch. Denn was wußte ich denn schon über den Unterschied zwischen Fürstenherrschaft und Demokratie? Ich wußte nur, daß ich als Rastatterin stolz zu sein hatte auf die Badische Revolution und das, was sie für ganz Deutschland bedeutete. Was auch immer das war.
Ich habe auf der Wikipedia Bilder des Freiheitsmuseums gesehen, die zeigen, daß mittlerweile auch Straßenszenen mit Barrikaden etc. aufgebaut wurden. Sicherlich wurde den Machern irgendwann bewußt, daß man auch Erwachsene nicht zwingend nur mit alten Papieren locken kann. So eine nachgestellte Barrikadenstraßenszene macht da doch viel mehr her und macht das alles nachfühlbar, ja erlebbar. Ein sich verschanzender Revolutionär, der mit dem Gewehr in der Hand für sein Recht auf Demokratie ficht und sich dabei die Hose zerrissen hat, bringt da ja viel mehr Dramatik mit als ein verblichenes Pergament mit einem zerbröselnden Siegel unten rechts.
Auch der Teil des Museums, der sich den Freiheitskämpfen in der DDR widmet, ist vermutlich gut gemacht und sicherlich interessant. Allein dadurch schon, daß sich das alles ja zu meinen Lebzeiten zugetragen hat, ich es als Erwachsene mitbekommen habe und begreife, was da passiert ist.
Vielleicht sollte ich das Museum ja doch mal wieder aufsuchen. Vielleicht gefiele es mir heute besser. Wer weiß…