Frau Schletterer singt nicht mehr

06
Ok
Die Veeh-Harfe - ein Instrument für alle?
06.10.2020 14:26

Ich bin leidenschaftliche Veeh-Harfen-Spielerin, also Spielerin eines Instrumentes, das besonders bekannt dafür ist, daß man es auch ohne die Kenntnis herkömmlicher Noten spielen kann.
Es wird sehr oft (und wurde auch vorrangig dafür konzipiert) in der musikalischen Arbeit mit Menschen mit Handicap und in der Geragogik eingesetzt. Hier ist der Umstand, daß nicht mit herkömmlichen Noten gearbeitet wird, sehr hilfreich.
Denn statt nach herkömmlichen Noten spielen zu müssen, wird bei der Veeh-Harfe, die im Grunde ein Zither-Instrument ist, unter die Saiten eine Schablone geschoben (also auf den Resonanzkörper gelegt), auf der mit Punkten und Ovalen direkt unter den Saiten angezeigt wird, in welcher Reihenfolge welche Saiten anzuzupfen sind. In der Regel werden hierfür die beiden Zeigefinger benutzt.
Das klingt in der Tat kinderleicht. Ist es auch.
Allerdings nur so lange, wie man Stücke spielt, die man kennt. Denn dann weiß man ja, wie das Stück zu klingen hat, und die Information z. B. zu den Notenwerten, die durch die Punkte und Ovale ebenfalls ausgedrückt werden, kann in den Hintergrund treten.
Wenn nun aber ein Stück gespielt werden soll, das dem Spieler unbekannt ist, dann ist es wichtig, sich bewußt zu machen, daß lediglich herkömmliche(!) Notenkenntnisse nicht erforderlich sind. Tatsächlich muß man nämlich schon in der Lage sein bzw. es lernen, diese speziellen Noten zu lesen, die mehr angeben als nur die Tonhöhe. Angaben zum Notenwert (also zur Dauer des Tones), zu Pausen, dem Rhythmus usw. müssen schon auch gelesen werden. Insofern gibt es hier eine große Gemeinsamkeit mit den herkömmlichen Noten, nämlich daß es ohne Lesen und Denken nicht geht.
Mit der Veeh-Harfe kann man durchaus komplexere Stücke spielen, die ein recht kompliziertes Notenbild erfordern, das u. U. gar nicht so einfach optisch zu erfassen ist. Denn es muß ja, genau wie bei herkömmlichen Noten, dargestellt werden, wie die Töne der linken und der rechten Hand zeitlich zueinander liegen. Zusammenklang, zeitversetztes Anzupfen, paralleles Spiel von z. B. Achteln und Triolen oder auch nur punktierten Vierteln, das alles will eindeutig abgebildet, mit dem Auge erfaßt und richtig interpretiert sein.
Und wenn man dann auf einer Solo-Harfe spielt, die noch eine Oktave (also 12 Saiten) mehr umfaßt als die Standard-Harfe, dann kann es schon sein, daß man fast schielen muß, um sehr hohe und sehr tiefe Töne gleichzeitig auch richtig mit den Fingern zu erwischen.
Die Veeh-Harfe ist also ein durchaus spannendes und forderndes Instrument, wenn man größere Fortschritte und höhere Komplexität der Musikstücke anstrebt. Daß es aber auch mit ganz einfachen und schlichten Stücken ohne tiefere harmonische Strukturen so wunderbar klingt und Freude macht, ist der wahre Schatz, den dieses Instrument für uns bereithält.

 

Kommentare


Datenschutzerklärung