Gerade las ich einen Artikel zur Entwicklung der Blockflöte – aus instrumentenbaulicher, aber auch musikalischer Sicht. Das heißt, der Artikel erzählte von den Ursprüngen, den verschiedenen Musikstilrichtungen, für die Blockflöten in den unterschiedlichen Epochen zum Einsatz kamen, und am Ende aber auch von der Entwicklung der Blockflöte hin zum etablierten Instrument für die frühkindliche musikalische Grunderziehung.
Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen: ich erhielt seinerzeit schon im Kindergarten Flötenunterricht (ich berichtete bereits), und in Grundschule und Gymnasium gehörte das Spielen der Blockflöte zum Lehrplan.
Glücklicherweise entdeckte man im 20. Jahrhundert das gesamte musikalische (und nicht nur das musikpädagogische) Potential der Blockflöte neu, nachdem sie in der Barockzeit zwar eine Blüte erlebt, danach aber mehr und mehr an Bedeutung verloren hatte, so daß sie jetzt wieder als vollwertiges und komplexes Instrument estimiert wird.
In besagtem Artikel wird in dem Absatz, der sich mit der Blockflöte als Schulinstrument befaßt, ein Flötist namens Gerhard Braun zitiert, der die Blockflöte einst „Klangschnuller“ genannt haben soll, was zum guten Ruf dieser Flöte nicht gerade beigetragen habe.
Vermutlich unterstellte man ihm, mit dem Namen Klangschnuller die Blockflöte lächerlich gemacht und zu einem Instrument auf Spielzeugniveau deklassiert zu haben, das lediglich für kleine Kinder tauge, um sie erste Töne produzieren zu lassen, die nicht aus ihren Kehlen dringen.
Wenn man aber bedenkt, daß Gerhard Braun nicht nur Quer-, sondern auch Blockflötist war, kann ich mir nicht vorstellen, daß er das so gemeint haben kann.
Welche Assoziationen kommen einem denn als erstes in den Sinn, wenn man an einen Schnuller denkt? Ist ein Schnuller nicht das erste Ding, an das ein Kind so richtig sein Herz verliert? Das es beruhigt, entspannt und ihm ein Gefühl der Geborgenheit gibt? Wieso sollte man den „Klangschnuller“ denn also nicht genau so positiv konnotieren und Herrn Braun zugestehen, daß er damit zum Ausdruck bringen wollte, wie geeignet die Blockflöte doch ist, einem Kind die Liebe zur Musik einzugeben? Trost, Geborgenheit, Wohlbefinden in der Musik zu finden, zu der das Kind über die Blockflöte die ersten Schritte geht?
Natürlich assoziiert man mit einem Schnuller auch viel Gesabber, und man will als Erwachsener sich nicht unbedingt den Schnuller eines Kleinkindes in den Mund stecken. Genau so verhält es sich mit der ersten Flöte eines Kindergartenkindes. Aber es sagt ja auch niemand, daß man die Schulflöte aus der Kindheit nicht irgendwann zur Seite legen und sich ein neues Instrument zulegen darf.